Tipps für Handicats

Das Zusammenleben mit einer Handicap-Katze erfordert mitunter ein Umdenken und eine erhöhte Aufmerksamkeit, ist aber eine überaus bereichernde Erfahrung, die von einer intensiven und innigen Beziehung zwischen Mensch und Tier geprägt ist.

Handicats brauchen kein Mitleid, sondern Menschen, die sich auf sie einstellen und ihnen die Chance auf ein normales und erfülltes Leben geben.

Leider kommt es durch Autounfälle, Bissverletzungen, Fallen oder Misshandlungen immer wieder zu schweren Verletzungen, die die Amputation eines Beines zur Folge haben. Doch auch Katzen mit drei Beinen können ein glückliches und erfülltes Leben führen. Die „Behinderung“ besteht eher in unseren Köpfen, denn die Tiere meistern ihr Schicksal tapfer und finden schnell zur Normalität.

Im Zusammenleben kann man ihnen mit einigen Hilfsmöglichkeiten den Alltag erleichtern:

  • Glatte Böden stellen eine Rutschgefahr dar. Auf Teppichboden finden die Katzen einen besseren Halt.

  • Treppen sollten gesichert werden und möglichst rutschfeste Beläge haben, um Stürze zu verhindern.

  • Auch dreibeinige Katzen lieben erhöhte Plätze. Der Handel bietet Kratzbaumeinzelteile an, mit denen man sich den gewünschten Kratzbaum individuell zusammenstellen kann. Zu den üblichen Liegeflächen oder Höhlen gibt es Treppenstufen, die einen einfacheren Auf- und Abstieg ermöglichen.

  • Treppen oder Rampen können helfen, Lieblingsplätze wie das Sofa oder das Bett besser erreichen zu können.

  • Erhöhte Fress- und Trinknäpfe sorgen für eine bequemere Position.

  • Leider werden die Gelenke der verbliebenen Beine stärker beansprucht. Achten Sie bei Ihrer Katze daher auf die „Bikinifigur“. Übergewicht sorgt für einen erhöhten Verschleiß und begünstigt die Entstehung einer Arthrose.

Sie werden schnell herausfinden, wie Sie Ihr Dreibeinchen unterstützen können und im Basteln von Hilfsmöglichkeiten sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt.

Katzen mit einer Sehbehinderung begegnet man im Tierschutz leider sehr oft. Meist führt ein unbehandelter Katzenschnupfen zu einer Eintrübung der Hornhaut und damit zu einer Einschränkung des Sehvermögens. Schwere Verläufe können auch eine völlige Zerstörung der Augen und damit eine komplette Blindheit zur Folge haben. Aber auch andere Augenerkrankungen wie z.B. der grüne Star (Glaukom) und auch Unfälle oder Misshandlungen können zum Verlust eines Auges oder gar beider Augen führen.

Bei Hornhauttrübungen können oft noch verschwommene Bilder oder ein Hell-Dunkel-Kontrast wahrgenommen werden, die der Orientierung dienen. Ist „nur“ ein Auge betroffen, so hat die Katze eine Einschränkung des Gesichtsfeldes und des räumlichen Sehens.

Oft sind junge Kätzchen betroffen, die mit ihrem Handicap sehr gut umzugehen lernen. Von klein auf schärfen sie ihre anderen Sinne wie Gehör, Tast- und Geruchssinn und können damit einiges kompensieren.

Im Alltag kann man ihnen mit einigen Hilfsmitteln die Orientierung erleichtern:

  • Ihr Revier speichern Katzen vor ihrem inneren Auge ab. Möbel und sonstige Gegenstände wie Kratz- und Kletterbäume und Schlafplätzchen sollten daher nicht ständig umgestellt werden. Gut eingewöhnte blinde Katzen bewegen sich in ihrer gewohnten Umgebung oft so sicher, dass man ihre Blindheit kaum bemerkt.

  • Mitunter laufen Katzen mit gesenktem Kopf, um die Tasthaare über den Augen nutzen zu können und beim Zusammenstoß mit einem Hindernis nicht die empfindliche Nase als „Rammbock“ einsetzen zu müssen. Bei der Innendekoration heißt es daher – weniger ist mehr!

  • Klettermöglichkeiten sollten einen sicheren Abstieg gewährleisten, da ein Sprung ins Ungewisse eine große Herausforderung für eine blinde Katze darstellt.

  • Gefahrenquellen wie Treppen, scharfe Kanten oder Möglichkeiten sich zu verheddern sollten abgesichert werden.

  • Halsbänder stellen generell, aber insbesondere für blinde Katzen eine große Gefahr dar, da sie nicht sehen können, ob sie irgendwo hängenbleiben. Eine am Halsband befestigte Glocke verbietet sich absolut. Blinde Katzen müssen mit ihrem feinen Gehör den fehlenden Sehsinn ausgleichen. Das Nebengeräusch der Glocke, das Katzen sehr viel lauter wahrnehmen, als wir Menschen, erschwert diese Orientierungsmöglichkeit extrem.

  • Spielzeug wird gerne angenommen, wenn es die anderen Sinne anspricht. Knisternde Mäuschen, klingende Bälle, ein Rascheltunnel, bewegtes Spielzeug wie Katzenangeln (bitte nur im gemeinsamen Spiel benutzen und nicht unbeaufsichtigt liegenlassen) oder auch Duftspielzeug wie Katzenminze- oder Baldriankissen sind besonders beliebt.


Besonders schön ist es, wenn ein blindes Kätzchen zusammen mit einem sehenden Freund vermittelt wird, an dem es sich orientieren kann. Aber auch mit anderen Artgenossen ist ein harmonisches Zusammenleben gut möglich.

Eine Gehörlosigkeit kann bereits von Geburt an bestehen. Vor allem weiße Katzen – insbesondere mit blauen Augen – besitzen eine genetische Veranlagung zur Taubheit. Bei ihnen besteht eine Degeneration des Hörorgans. Doch auch im Laufe des Lebens kann eine Taubheit auftreten. Ohrenschmalz, Entzündungen, Parasiten, Polypen, Tumore, Unfälle, Verletzungen oder auch das zunehmende Lebensalter können zu einem passageren oder permanenten Hörverlust führen.

Gehörlose Katzen maunzen oft sehr laut. Sie sind verunsichert, da sie ihre eigene Stimme nicht hören. Die Vibration der Stimme ist erst ab einer bestimmten Lautstärke für sie spürbar. Reagieren sie nicht auf Rufen, laute Geräusche oder das Rascheln von Leckerchen, sollte man aufmerksam werden und das Katzengehör gezielt testen. Besteht der Verdacht auf einen Hörverlust, suchen Sie bitte den Tierarzt auf um die Ursache und mögliche Behandlungsoptionen abklären zu lassen.

Nicht selten werden gehörlose Katzen falsch eingeschätzt, da ihr Handicap nicht offensichtlich ist. Mitunter gelten sie als aggressiv und unverträglich und werden mit dieser Fehleinschätzung total verkannt. Da taube Katzen das Fauchen, Knurren, Schnurren oder sonstige Lautäußerungen anderer Katzen nicht hören können, kommt es in der Kommunikation mit Artgenossen oft zu Missverständnissen und damit zu Streitereien. Dennoch sollten gehörlose Katzen nicht zu einem Leben als Einzelkatze verdammt werden. Gerade sie brauchen Kameraden, damit sie nicht vereinsamen. Eine Zusammenführung sollte daher mit Geduld und Bedacht durchgeführt werden. Beobachten Sie Ihre Katzen gut und versuchen Sie vorab mögliche Kommunikationskonflikte durch Streicheln oder Spielen zu deeskalieren.

Taube Katzen erschrecken sehr leicht. Wenn man sie berührt, sollte man sich vorher immer bemerkbar machen. Eine plötzliche Berührung von hinten oder gar im Schlaf kann eine starke Schrecksituation auslösen, in der manche Tiere heftig reagieren können, was ihnen dann als Aggressivität ausgelegt wird.

Nehmen Sie viel Blickkontakt zu ihrer Katze auf. Gehörlose Tiere sind oft sehr aufmerksam und achten auf feinste Mimik – ihre Art, sozusagen von den Lippen abzulesen. Auch Handzeichen sind gut geeignet, um sich zu verständigen. Dabei sollte man darauf achten, dass man für ein „Kommando“ immer dieselbe Geste benutzt und mit einem Leckerchen belohnt.

Natürlich haben auch gehörlose Katzen Freude daran, Sonne und frische Luft zu tanken. Dies geht jedoch nur auf einem Balkon, in einem Freigehege oder in einem abgesicherten Garten. Ungesicherter Freigang wäre das sichere Todesurteil, da ein wichtiger Sinn fehlt, um Gefahren zu erkennen.

Beschäftigen Sie sich viel mit Ihrer gehörlosen Katze. All die vielen Alltagsgeräusche, die uns zur Orientierung und zur Wahrnehmung unserer Umwelt dienen, kann sie nicht hören. Taube Katzen sind in ihrer stillen Welt sehr isoliert und genießen daher jede Form von Aufmerksamkeit und Zuwendung.

Schenken Sie Ihrer Katze Liebe – eine Sprache, die jedes Tier versteht.

Eine Ataxie ist eine Bewegungs- und Koordinationsstörung, die sich durch ein unsicheres Gangbild, häufiges Umfallen und wackelnden Kopfbewegungen bemerkbar macht. Man unterscheidet zwischen drei Ataxie-Formen:

Cerebelläre Ataxie

Die cerebelläre Ataxie (Cerebellum = Kleinhirn) ist die häufigste Form der Ataxie. Sie wird durch eine Störung im Kleinhirn verursacht, das für die Koordination der Bewegungsabläufe zuständig ist. Oft ist sie Folge einer Unterentwicklung des Gehirns von ungeborenen Kätzchen im Mutterleib, wenn die trächtige Mutter an Katzenseuche erkrankt ist. Aber auch im späteren Leben kann diese Ataxie durch z.B. Vergiftungen, Stoffwechselstörungen, Unfälle, Misshandlungen oder Tumore entstehen.

Sensorische Ataxie

Bei der sensorischen Ataxie liegt eine Störung des zentralen Nervensystems (ZNS) vor. Ursächlich kommen hier Verletzungen des Rückenmarks oder Deformationen der Wirbelsäule in Betracht.

Vestibuläre Ataxie

Die vestibuläre Ataxie betrifft das Gleichgewichtsorgan im Innenohr oder die zuführenden Nerven. Sie kann durch Entzündungen oder auch Tumore verursacht werden.

Je nach Ataxie-Form unterscheiden sich die Symptome:

  • Gleichgewichtsstörungen
  • Gemindertes Standvermögen, häufiges Umfallen
  • Wackeliger oder steifer Gang
  • Augenzittern
  • Kopfwackeln und Kopfschiefhaltung
  • Erhöhte Geräuschempfindlichkeit
  • Gestörte Fokussierung und Entfernungseinschätzung
  • Konzentrationsstörungen

Haben Sie bei Ihrer Katze den Verdacht auf das Vorliegen einer Ataxie, so suchen Sie bitte einen Tierarzt auf, um die Ursachen und mögliche Therapieoptionen zu eruieren. Ataxie-Katzen reagieren mitunter empfindlich auf Medikamente. Die Indikation sollte daher auch für Wurmkuren und Impfungen streng gestellt werden.

Generell gehen Tiere mit einem Handicap ganz natürlich um. Die “Behinderung” besteht vor allen Dingen in unseren Köpfen und wir schauen ergriffen und gerührt auf ein betroffenes Tier. Doch ein Ataxie-Kätzchen kennt es nicht anders und empfindet seine Erkrankung als Normalität.

In der Regel ist eine Ataxie nicht heilbar, doch die im Volksmund als Wackelkatzen bezeichneten Tiere können in einem schönen Zuhause meist eine deutliche Besserung der Symptome erfahren.

Wichtig ist es, sie im Alltag zu unterstützen und ihnen einfache Hilfsmittel anzubieten:

  • Aufgrund der erhöhten Geräuschempfindlichkeit sollte ihr Zuhause möglichst ruhig sein. Laute Musik oder Fernsehgeräusche oder auch ein großer Trubel durch kleine Kinder sind ungeeignet für Ataxie-Katzen.

  • Teppiche statt glatter Fußböden geben mehr “grip” unter die Pfötchen und sorgen für einen weicheren Untergrund beim Umfallen.

  • Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Auch Ataxie-Katzen klettern gerne. Niedrige Kratzbäume und Schlafplätze sind besser erreichbar und minimieren das Risiko des Herunterfallens. Um unliebsame Folgen zu vermeiden, sollte der Boden unter einer Klettermöglichkeit gepolstert sein. Auch eine alte Decke zum Hochhangeln kann hilfreich sein, um auf das Sofa oder das Bett zu klettern. Rampen oder Treppen mit breiten Stufen ermöglichen einen sicheren Auf- und Abstieg.

  • Treppen sollten auf jeden Fall gesichert sein, um gefährliche Stürze zu verhindern.

  • Ein Haubenklo mit niedrigem Einstieg und hohen Seitenwänden verschafft einen besseren Halt beim Verrichten des “Geschäfts”. Auch eine davor liegende Matte kann die Standfestigkeit beim Ein- und Ausstieg erhöhen.

  • Spielzeug wie Katzenangeln sollten nur im gemeinsamen Spiel benutzt und anschließend sicher verwahrt werden, damit sich das Kätzchen nicht verheddert.

  • Fress- und Trinknäpfe sollten erhöht stehen, um besser erreichbar zu sein. Je nach Ausprägung der Ataxie benötigen betroffene Katzen eventuell etwas Hilfe bei der Aufnahme von Nassfutter, damit sie sich nicht zu sehr verschmutzen.

  • Das “Wackeln” oder auch das Umfallen und wieder Aufstehen verbrauchen viel Energie, so dass Ataxie-Katzen einen erhöhten Kalorienbedarf haben. Das Futter sollte daher hochwertig und gehaltvoll sein.

  • Lauftraining und Geschicklichkeitsspiele können helfen, die Muskulatur aufzubauen und die Konzentration sowie die Bewegungskoordination zu verbessern. Hierbei kann man sich von souveränen und freundlichen Artgenossen helfen lassen, die sich an den unkoordinierten Bewegungen nicht stören. Denn das gemeinsame Spiel ist die beste Trainingsstunde.

Ataxie-Katzen haben die gleiche Lebenslust wie gesunde Katzen. Sie brauchen kein Mitleid, sondern Chancen in einem liebevollen Zuhause.